Lehmbau

Lehmbau

Zur Bildergalerie

Lehmbau bezeichnet die Erstellung von Bauwerken aus Lehm sowie die so erstellten Bauwerke selbst.

Lehm als Baustoff

Zusammensetzung

Der zum Bauen verwendete Lehm ist eine Mischung aus Ton, Schluff (Feinstsand) und Sand, die feucht in Form gebracht und dann getrocknet wird. Wenn der Lehm zu viel Sand enthält (er ist zu mager), wird er bröckelig, zu viel Ton (er ist zu fett) bewirkt, dass er Risse bekommt. In vielen Gegenden wird dem Lehm Stroh zugesetzt; dies ist nicht unbedingt erforderlich, bewirkt aber eine geringere Dichte des entstehenden Materials und damit bessere Wärmedämmeigenschaften. Außerdem wirkt das Stroh als Armierung der Rissbildung entgegen. Teilweise wird auch Kuhdung oder Pferdemist beigemischt. Der zweitere enthält - weil das Pferd kein Wiederkäuer ist, also die Cellulose nicht zersetzt wird - einen hohen Anteil an unverotteten Faserstoffen. Außerdem gehen die organischen Anteile des Dungs mit den mineralischen Lehmbestandteilen komplexe Verbindungen ein, die die technischen Eigenschaften deutlich verbessern. Eine Zugabe von Kalk wirkt hierbei als Desinfektionsmittel, neutralisiert die Säuren zu Salzen - dies erhöht die Wasserspeicherkapazität - und schließt die Oberfläche der Zellulosen auf, sodass sie sich besser im Lehm verankern.Heute kann man von einer Renaissance des Lehmbaus sprechen. Oft könnte der Lehm direkt an der Baustelle aus dem Boden gewonnen werden. In den meisten Dörfern finden sich noch alte Lehmkuhlen, aus denen früher der Lehm abgebaut wurde. Firmen, die auf wirtschaftliches Arbeiten angewiesen sind, greifen auf heute erhältliche Fertigprodukte zurück. Der Lehm wird hier trocken und fein gemahlen in Säcken geliefert und kann mit einem Freifallmischer wie konventionelle Mörtel auch verarbeitet werden. Moderne Baulehme enthalten diverse andere Faserstoffe, Speicher- und Quellstoffe, die die Verformung durch die Materialfeuchtigkeit kontrollieren, sowie, als Thermolehm, wärmedämmende und wärmespeichernde Materialien.

Positive Eigenschaften

Das Klima in Lehmgebäuden ist angenehm, da der Lehm ein hohes Wärmespeicherungsvermögen aufweist und damit temperaturregulierend wirkt. Auch die Luftfeuchtigkeit wird stabilisiert, da Lehm Feuchtigkeit speichert und langsam aufnimmt oder abgibt. Gegenüber Zement hat Lehm einige sehr positive Eigenschaften die ihn für ökologisches Bauen interessant machen.

  • Lehm ist schadstofffrei und hautfreundlich
  • Zur Aufbereitung und Verarbeitung wird sehr wenig Primärenergie benötigt
  • Lehm wirkt Luftfeuchte regulierend und ist diffusionsfähig
  • trockener Lehm wirkt antibakteriell und abweisend gegen Schädlinge
  • Lehm konserviert Holz
  • Lehm ist vollständig recycelbar
  • Lehm speichert Wärme
  • Lehm bindet Schadstoffe

So schafft Lehm ein für den Menschen angenehmes und gesundes Raumklima. Im Sommer, wenn es draußen sehr heiß ist, sind die Räume in einem Lehmhaus angenehm kühl. Im Winter wirkt der Lehm Luftfeuchte regulierend und schützt vor zu trockener Raumluft.

Lehmbautechnik

Bauweisen

Lehmbau kann sowohl im Auftrag auf hölzerne Grundstrukturen, aber wegen der höheren Druckbelastbarkeit vor allem mit luftgetrockneten Ziegeln oder im Stampflehmbau durchgeführt werden. Generell sind die Mauern von Lehmgebäuden massiv angelegt. Zum Mauern mit Ziegeln wird als Mörtel und zum Verputzen das gleiche Material wie zur Herstellung der Ziegel verwendet. Die in Oberägypten und Nordsudan bekannten nubischen Gewölbe aus Lehmziegel können ohne Schalung mit einer beweglichen Hilfslehre errichtet werden. Beim Stampflehmbau ist eine, meist hölzerne Schalung erforderlich. In den meisten Fachwerkhäusern ist Lehm entweder in Form von Lehmziegel mittels Lehmmörtel vermauert oder bei Ausfachungen als klebefeuchte Mischung mit gehäckseltem Stroh o. ä. Fasermaterial (auch Weller genannt) auf ein Weidengeflecht oder Holzstaken aufgebracht (Klaiben). Daneben existiert die Stampflehm-Bauweise, auch Pisee oder Pisé-Bauweise genannt. Hier wird eine erdfeuchte Lehmmischung in eine Schalung eingebracht und verdichtet. (Beispiel: die Kapelle der Versöhnung in Berlin). Holzbalken werden in Lehmwände eingebaut, um Tür- oder Fensterrahmen zu erhalten oder um daran etwas befestigen zu können, z. B. Hängeschränke. Lehmhäuser werden meistens außen mit Holz verschalt, um sie gegen Feuchtigkeit zu schützen. Zementhaltige Putze haben ein anderes Ausdehnungsverhalten bei Temperaturänderungen als Lehm und sind daher als Fassadenaußenhaut ungeeignet. Außenputze für Lehmwände enthalten Ziegelmehl, Kalk und nur geringe Mengen von Zement. Neuerdings sind in Europa industriell gefertigte Lehmbausteine unterschiedlicher Formate, Lehmwandplatten, zum Teil mit Nut und Feder, und Lehmputze für den Innenausbau erhältlich.

Temperaturregulierung und Dämmung

Aufgrund der hohen spezifischen Wärmekapazität sind Lehmwände in der Lage Temperaturunterschiede auszugleichen. In warmen Regionen sorgen deshalb dicke Wände für ein angenehmes Innenklima. Lehm ist ein guter Wärmeleiter. Durch Beimischung von isolierendem Materialien wie z. B. Stroh- oder Heuhhäcksel kann die Wärmeleitfähigkeit herabgesetzt werden (Leichtlehm). In kälteren Regionen sollte eine Wärmedämmung wie üblich an der Außenwand angebracht sein.

konstruktiver Feuchtigkeitsschutz

Die Form des Lehmziegels ist durch Vernässen korrigierbar. Durch Kapillarwirkung ziehen Lehmziegel Wasser aus stehender Nässe. Durch Wasser wird ein Lehmbau schnell beschädigt, oberflächliche Feuchtigkeit dagegen richtet keinen Schaden an. Daher ist es in feuchten (humiden) Klimaten erforderlich, die Außenwände durch geeignete Schalung aus Holz oder entsprechende Dachüberstände zu schützen und für Drainage des umgebenden Geländes zu sorgen. Lehmwände sollten stets eine Steinschicht oberhalb des Erdreichs mit aufliegender Trennlage besitzen, um nicht Nässe aus dem Boden ziehen zu können. In trockenen (ariden) Klimaten sind Lehmgebäude sehr dauerhaft. Lehmbauweise ist traditionell in bäuerlichen Gesellschaften ohne industrielles Transportwesen üblich. Bis heute sind Lehmbauten im mittleren Osten, nördlich und südlich der Sahara, in Spanien (Mudéjares-Architektur), bei den Pueblo-bauenden Indianern Nordamerikas und in den Anden üblich.

Bekannte Lehmbauten

  • Das größte Lehmgebäude der Welt war die Zitadelle der iranischen Stadt Bam, die in einem Erdbeben am 26. Dezember 2003 weitgehend zerstört wurde. Zahlreiche Lehmgebäude finden sich auch in der Stadt Djenné des Staates Mali. Die Stadt zählt ebenso wie die Große Moschee von Djenné zum Weltkulturerbe.
  • Bekannt ist auch die Lehmarchitektur im Südwesten der arabischen Halbinsel. Sana'a als jemenitische Hauptstadt verfügt über großflächige Stadtteile in Lehmarchitektur.
  • Das größte (Stampf-)Lehmgebäude in Deutschland ist ein 6-geschossiges Wohnhaus in Weilburg, ein aktuelles Beispiel dieser Bautechnik ist die 1999 errichtete Kapelle der Versöhnung in Berlin als erster öffentlicher Stampflehmbau seit 150 Jahren.
  • Das von der UNESCO zum Weltkulturerbe gekürte Schibam auf einer Felseninsel im Wadi Hadramaut im Südjemen wird wegen seiner teils neunstöckigen Hochhäuser gar als "Chicago der Wüste" bezeichnet. Die alte Stadt umfasst eine Fläche von 400 Meter × 500 Meter und ist für ihre mehrstöckigen Wohnhäuser aus Lehmziegeln berühmt. Viele der Gebäude sind bis zu 30 Meter hoch und haben ein Alter von bis zu 500 Jahren. Genauer: die inneren Stützkonstruktionen aus Hölzern sind teils so alt; die Lehmhäuser werden in den oberen Etagen zwar mit einem Kalkanstrich gegen die (seltenen) Regenfälle geschützt, sie müssen jedoch wegen des natürlichen Zerfalls der Ziegel im Abstand von zehn oder fünfzehn Jahren jeweils aus frisch geformten Lehmziegeln in alter Form neu errichtet werden.

    Quelle: www.wikipedia.de